Bitcoins – Ein neues Spekulationsinstrument
Das digitale Zeitalter macht auch vor dem bisher streng staatlichen, über Notenbanken gesteuerten Geldsystem nicht halt. Die Kampfansage durch die dezentralen, komplett anonymen Digitalwährungen ist unüberhörbar. Von den bereits über 800 Währungen ohne jeglichen Bezug zur realökonomischen Wertschöpfung ist das Bitcoin-System der Platzhirsch. Die Werbung mit der auf das $-Zeichen anspielenden Bitcoin-Münze ist jedoch ein Fake. Dieses auf Computern mit entsprechender Software hin und her geschobene sowie auch selbst erzeugbare Geld ist substanzlos, also virtuell. Einzig und allein das Vertrauen in diese Digitalwährung zählt. Während sich die staatlich garantierte Geldversorgung der Wirtschaft durch die Notenbanken im Zusammenspiel mit den Geschäftsbanken an der Nachfrage nach stabilem Geld mit dem Ziel eines inflationsfreien Wirtschaftswachstums orientiert, will das Bitcoingeld die zielorientierte monetäre Steuerung vermeiden.
Die drei klassischen Funktionen treffen auf diese staatsfreie Währung auch zu: Sie bietet eine Recheneinheit. Das virtuelle Geld dient darüber hinaus als anonymes und damit staatlich unkontrolliertes Zahlungsmittel. Hinzu kommt die Funktion der Bitcoins als ein Vermögenswert, mit dem spekuliert werden kann. Der Preis dieses Assets ist der Devisenkurs, der beim Umtausch in offiziell-staatliche Währungen fällig wird. Dieser Wechselkurs verleiht der Währung ohne Substanz über die Devisenmärkte einen Marktwert. Spekuliert wird auf Gewinne durch den späteren Verkauf des heute preiswerter eingekauften Bitcoin-Assets. Im längerfristigen Trend hat das Spekulationsinteresse den Marktwert dieser Digitalwährung seit ihrer Einführung 2009 enorm nach oben getrieben. Wer Ende Oktober des letzten Jahres einen Bitcoin zu 648,75 € gekauft hatte, konnte genau ein Jahr später mit einer Steigerung von 665 % diesen Bitcoin mit 4965,93 € verkaufen. Allerdings schwanken die Bitcoinkurse gegenüber herkömmlichen Währungen auffällig stark. Ende Oktober 2017 wird die Anzahl der Bitcoins mit 16,66 Millionen angegeben. Deren Devisenmarktwert lag nach Angaben der Internetseite „Coinmarketcap“ bei knapp 120 Mrd. US$.
Dezentral-digitales Buchungssystem – Basis der Kryptowährung
Wie funktioniert diese Währung? Die Basis bildet ein weltweit verbreitetes dezentrales
Netzwerk zur Erfassung und Abwicklung der Zahlungsvorgänge. Es handelt sich um eine
Art digitales Buchführungssystem. Die Daten zu den Transaktionen werden in Blöcken
abgepackt und in der Datenbank aufgelistet („Blockchain“). Dabei sichert die Verschlüsselung
der elektronischen Datensätze mit Methoden der Kryptotechnik die Anonymität dem Eigentümer
von Bitcoins sowie den Empfängern und den Zahlern. Die entsprechende Bitcoin- Verschlüsselungssoftware
hatte Ende 2008 unter dem japanischen Pseudonym Satoshi Nakamoto das Licht der Welt
erblickt. Präsentiert wurde eine Peer-to-Peer-Version von elektronischen Zahlungen
von einer Partei an die andere ohne zwischengeschaltete Geschäftsbanken. Zur Verfügung
stehen den
Teilnehmern anonymisierte Bitcoin-Wallet (elektronisch Geldbörsen). Es wird kolportiert,
dem Erfinder seien die Bankgebühren zur Bezahlung aus England gelieferter Modelleisenbahnen
zu teuer und zu langsam realisiert worden. Mit viel Aufwand lassen sich in diesem
System auch Bitcoins geschaffen werden. Dazu ist der Einsatz spezieller Hochleistungsrechner
erforderlich. Vergleichbar der Lösung eines aufwändigen Suchrätsels wird mit viel
Zeit und dem Einsatz von Energie Bitcoin-Geld durch die „Miner“ geschürft. Dabei ist
die Kapazität der Geldschaffung durch das programmierte System mit einer immer schwieriger
zu beherrschenden Software beschränkt. So müssen heute spezielle, leistungsstarke
Grafikcharten eingesetzt werden. Ein eingepflanzter Algorithmus sorgt dafür, dass
alle vier Jahre die Zahl der neu erzeugbaren Bitcoins halbiert wird (seit dem letzten
Jahr pro neuem, hinzugefügtem Block nur noch 12,5 statt 25 Bitcoins).
Nach dem derzeitigen Stand des programmierten Systems lassen sich in diesem dezentralen Netzwerk bis Anfang 2030 insgesamt nur 21 Millionen schürfen.
Bitcoin – scheinbar billig, schnell, anonym
Die Vorteile
dieser Verschlüsselung der Bit und Bytes liegen auf der Hand: billiger gegenüber den
üblichen Bankgebühren, schneller und vor allem anonym für die Empfänger und die Zahler.
Allerdings nimmt die Schnelligkeit durch eine Überbelastung des dezentralen Systems
massiv ab. Im System ist für Transaktionen eine vergleichsweise niedrige Gebühr eingebaut
(Mindestgebühr bei einem Kurs von 1000 € etwa 1 Euro-Cent pro Kilobyte; freiwillige
höhere Bezahlung führt zu höherer Priorität beim Bestätigungsvorgang).Im System wird
heftig über die Programmierung einer erhöhten Transaktionsgeschwindigkeit und die
Senkung der Transaktionskosten gestritten. Die Transaktionsgebühr wird den „Minern“
gutgeschrieben, also denjenigen, die mit dieser Transaktion durch die Blockbildung
im Datensystem Bitcoins schürfen.
Den Vorteilen stehen jedoch massive Risiken gegenüber. Die Anonymität lässt die Finanzierung wirtschaftskrimineller Geschäfte wie Drogen- und Waffenhandel sowie des Terrorismus zu. Die anonyme Kryptowährung des „Darknets“ sind die Bitcoins. Erleichtert wird auch die Steuerhinterziehung. Die Anonymität wird allerdings immer wieder durch erfolgreiche Hackerangriffe gefährdet.
Allein im August 2016 haben Hacker den Bitcoins mit einem Marktwert von 58 Mio. € vernichtet. In China führt die Anonymität zu ganz anderen Problemen. Die Kryptowährung expandiert massiv, denn durch die Anonymisierung lassen sich derzeit Vermögen an der staatlichen Kontrolle vorbei ins Ausland transferieren und damit Kapitalverkehrskontrollen umgehen. Deshalb sind die Handelsplattformen für Bitcoins in China geschlossen worden.
Von den Befürwortern wird immer wieder gelobt, durch die in das dezentral anonymisierte Netzwerk eingebaute Begrenzung der schürfbaren Geldmenge auf 21 Millionen bis aus heutiger Sicht 2030 würde Inflation ausgeschlossen. Diese Behauptung belegt die makroökonomische Inkompetenz der Bitcoin-Community mit ihren Computerfreaks. Die Argumentation erinnert an die Goldwährung, mit der die Finanzierung der wachsenden Wirtschaft durch vorgegebene Goldbestände behindert worden wäre. Dagegen muss ein modernes, leistungsfähiges Geldsystem heute die Geldnachfrage bedienen, die durch ein angemessenes Wirtschaftswachstum ohne strukturelle Inflation erforderlich ist. Auf dieses Ziel die Geldversorgung auszusteuern ist die allerdings schwierige Aufgabe der Notenbanken. Wäre Bitcoin das Weltwährungssystem, dann würden Deflation und ökonomischer Niedergang mangels ausreichendem Geldangebot unvermeidbar. Das ist der Preis der für die Ideologie des staatsfreien Individuums ohne Notenbankmonopol bezahlt werden muss (Satoshi Nakamoto: „freies Geld, welches nicht vom Staat kontrolliert werden kann“; im acht Seiten umfassenden Whitepaper vom 1. 11. 2008 mit dem schlichten Titel "Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System".)
Wetten mit Bitcoins an Terminbörsen
Gegenüber der Geldfunktion
Zahlungsmittel gewinnt die Vermögensbildung mit Kryptowährungen bedrohlich an Bedeutung.
Seit dem 10.12.2017 werden Bitcoin-Termingeschäfte an der US-Börse CBOE (Chicago Board
Options Exchange) angeboten. Die weltgrößte Terminbörse, die in derselben Stadt ansässige
CMS (Chicago Mercantile Exchange), zog eine Woche später nach. Auch die Technologiebörse
NASDAQ plant, Wetten mit Bitcoins anzubieten.
Beim ersten angebotenen Termingeschäft
(F 8) gilt: Zum Handelsstart wird der verpflichtende Kauf von Bitcoins am 17.1. 2018
zu 16.300 US$ pro BTC
angeboten. Der Preis liegt gegenüber dem Kurs am Tage des Vertragsabschlusses um 4,5%
höher. Bewegt sich der Marktkurs am 17.1. 2017 über diesem Preis, dann gewinnt der
Käufer; fällt dieser unter den vereinbarten Kaufpreis profitiert der Verkäufer. Wegen
des massiven Anstiegs der Nachfrage und damit einem exorbitanten Kurssprung um über
20% musste der Handel für einige Stunden ausgesetzt werden. Gebremst wird dieses Geschäft
dadurch, dass die Investoren eine Sicherheitsleistung (Margin) von 30% des Kreditvolumens
vorschießen müssen.
Geplant ist das Angebot weiterer Spekulationsinstrumente wie der Exchange Traded Fund (ETF, börsengehandelter Indexfonds, der die Wertentwicklung eines Indexes wie beispielsweise des DAX® abbildet).
Zum einen sind diese Wetten hoch riskant. Einzelne Investoren können abstürzen. Zum anderen wird dadurch eine Brücke zu den institutionellen Investoren auf den bisherigen, regulierten Finanzmärkten angeboten. Abstürze auf den Bitcoin-Terminmärkten schlagen auf das Finanzmarktsystem durch. Daher ist müssen diese Spekulationsinstrumente reguliert und kontrolliert werden.
Hände weg vom Spekulationsobjekt Bitcoin
Während in absehbarer
Zeit diese Kryptowährung für den Kauf von Gütern und Dienstleistungen eine geringe
Rolle spielen wird, ist für den renditehungrigen Anleger ein neues Zockerinstrument
geschaffen worden. Derartige Derivate reihen sich in die „finanziellen Massenvernichtungswaffen“
(Warren Buffet), mit denen die Finanzmarktkrise seit 2007 ausgelöst worden ist, ein.
Auf Spekulationsgewinne durch steigende Umtauschkurse der Bitcoins gegenüber den offiziell
regulierten Staatswährungen wird gesetzt. Getrieben wird das Geschäft durch die Bitcoin-Broker,
die am Ende satte Gewinne erzielen (aus der Differenz der Einkaufs- und Verkaufskurse,
sog. Spreads). Der Bitcoinspekulant sei vor den wenig transparenten und oftmals unterschiedlichen
Gebühren und Provisionen der verschiedenen Handelsplattformen gewarnt.
Wer mit Bitcoins spekuliert, muss wissen, dass der seit dem Start 2009 im Trend steigende Kurs durch kurzfristig heftige Schwankungen geprägt ist. So ist am zweiten Wochenende im Oktober 2017 der Kurs vom Rekordhoch mit 7 900 US$ in wenigen Stunden um 2.300 € abgestürzt. Vermutete Ursachen sind: Zweifel in die längerfristige Stabilität auch durch wachsenden Regulierungsdruck, kriminelle Machenschaften sowie den Streit der Macher über eine beschleunigte Transaktionsgeschwindigkeit und Reduzierung der Transaktionskosten. Durch die offizielle Einführung von Termingeschäften hat der Bitcoin nochmals einen Sprung nach oben gemacht. In der virtuellen Welt des Geldes wächst gegenüber der soliden Vertrauensbasis eine Spekulationsblase heran. Wenn die spekulativ nach oben getriebenen Umtauschkurse platzen, dann bricht das ohnehin fragile Vertrauen in diese Währung zusammen. Der Umtausch der Bitcoins in offizielle Währungen führt zu Verlusten der Bitcoin-Eigner. Die Anerkennung als staatlich unkontrolliertes Zahlungsmittel wäre futsch. Es gibt im Unterschied zur regulierten Geldpolitik, keine Möglichkeit um das Geldangebot und die Geldnachfrage zu steuern. Insgesamt wird die Finanzwelt zu Lasten der Realwirtschaft noch instabiler und krisenanfälliger. Bräche heute das Bitcoin-System zusammen, dann hätte das kaum sich über das Gesamtsystem verstärkende Negativeffekte zur Folge. Die Bitcoin-Eigner müssten auf die ohnehin noch nicht realisierten Spekulationsgewinne verzichten. Wie bereits nachgewiesen, gefährlich für das gesamte Finanzsystem wird es erst dann, wenn die „institutionellen Investoren“ massiv in Bitcoins-Termingeschäfte investieren. Je mehr die Finanzmärkte durch Bitcoin-Spekulationen bestimmt werden, umso größer ist die Gefahr einer sich schnell ausbreitenden neuen Finanzmarktkrise. Die Angst vor diesen Folgen einer der geplatzten Bitcoin-Blase bestimmt heute die Position der meisten Notenbanken und Aufsichtsbehörden.
Diese erkennbaren Risiken und Fehlentwicklungen rufen heute schon die Finanzaufsichten in aller Welt auf den Plan. Während die meisten Länder restriktiv vorgehen, anerkennt derzeit Japan seit diesem Jahr Bitcoins als Zahlungsmittel. Auch die schwedische Nationalbank plant die Einführung der Digitalwährung. Das passt zum dortigen Ausstieg aus dem Bargeld. Janet Yellen hat bei der Präsentation der geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank Mitte Dezember 2017 auf die Gefahren dieser „spekulativen Anlagen“ hingewiesen. Für die FED erklärte sie den Verzicht auf Bitcoingeschäfte. Der australische Notenbankchef warnt vor dem Hype durch den „spekulativen Wahn“. Die deutsche Bundesbank sieht sich verpflichtet, auf die Risiken diese Bitcoin-Hypes fundiert hinzuweisen. Nicht zu übersehen werden sollte die Tatsache, dass diese anonyme Währung zur Finanzierung wirtschaftskrimineller Geschäfte – auch im Dark Net – missbraucht wird.
Was tun? Diese Kryptowährungen lassen sich mit den Daten auf abertausenden Computern genau so wenig wie das Internet verbieten. Umso wichtiger ist der Rat: Hände weg von diesem digitalen Handel mit Geldillusionen. Der Einsatz der Kryptowährungen als hoch gefährliche Spekulationsobjekte muss gebremst werden. In einem ersten Schritt müssen Verbraucher gewarnt werden. Sollten immer wieder Spekulationsblasen drohen, dann wird der Umtausch der Bitcoins in staatliche gesicherte Währungen wie dem € oder dem US$ untersagt werden müssen.