BVB Dortmund – Spekulationen mit Terror
Ende des börsennotierten Fußballes
Der profitable Fußball ist schon lange Gegenstand von Spekulationen in Wettbüros. Diese Wettsysteme sind aus dem Ziel heraus, die Chancen für den eigenen Wetteinsatz zu mehren, kriminalitätsanfällig. Dem Gesetzgeber stellt sich die Aufgabe, durch kontrollierte Regulierungen den kriminellen Missbrauch zu verhindern. Im Wettgeschäft sind jedoch prinzipiell die Fußballvereine nicht aktiv. Ganz anders liegt der Fall beim BVB 09 Dortmund. Hier haben das Management und die zuständigen Gremien den Börsengang zur Kapitalbesorgung unter finanziellem Druck beschlossen. Am 31. Oktober 2000 notierte die Erstausgabe an Aktien mit dem Kurs von 11 €. Übrigens waren der zuvor eingetretene massive Kursanstieg auch in Deutschland und die hervorgetriebene New-Economy-Blase schon geplatzt. Die Kritik am Börsengang war nicht nur von dem finanziell protzenden FC Bayern scharf formuliert. In einer Vorlesung hatte ich die in Kursspekulation angelegten Manipulations-, ja Verletzungsmöglichkeiten mit den Studierenden diskutiert. Das Beispiel von damals: Mit dem Ziel des Kursabsturzes foult ein Gegenspieler den BVB-Stürmer. Dass mit schmutzigen Spekulationen durch den Einsatz von Derivaten der Kurs manipuliert werden könnte, entzog sich damals meiner Vorstellungskraft.
Seit dem Menschen verachtenden Anschlag auf den BVB-Bus am Abend des 11. Aprils wird auch für Börsianer erkennbar, die Finanzindustrie bietet Instrumente, die für solche Taten missbraucht werden können. Im Zentrum steht das Derivat Put-Option. Damit wird beim Geschäftsabschluss zum vereinbarten Preis das Recht zugesichert, zu einem späteren Termin die darin fixierte Summe an BVB-Aktien zu verkaufen. Der Täter stand unter dem Druck, zügig handeln zu müssen. Denn sein Optionsrecht wäre am 17. Juni erloschen. Bei diesem Spekulationsinstrument ist entscheidend, dass der Optionseigentümer real beim Abschluss des Geschäfts über keine Aktien verfügt. Die zu verkaufenden Aktien besorgt er sich spätestens bis zum fällig werdenden Verkauf zum hoffentlich niedrigsten Kurs an der Börse. Ein Beispiel: Hat er einen Optionsschein für 5,20 € gekauft und kostet diese Put-Option pro Aktie 20 Cent, dann macht er beim Kauf einer Aktie für 4 € netto einen Gewinn von 1 € pro Aktie. Der Täter wartet allerdings nicht untätig auf den unsicheren Kursverfall. Er will ihn durch den Anschlag mit Verletzten, ja Toten erzwingen. Papst Franziskus hat recht: „Diese Wirtschaft tötet“ - ein Instrument bieten die Finanzmärkte. Dabei wird ihm das Spekulationsgeschäft auch noch leichtgemacht. Er nimmt einen Kredit auf und kauft nach Beantwortung einiger Fragen zur Person über die Investmentbanking-Online Plattform bei COMDIREKT drei Typen im Gesamtumfang von 15 000 Put-Optionen. Bereits mit einem geringen Betrag lässt sich im Fall des Gelingens eine hohe Hebelwirkung erzielen.
Was sind die Lehren, die aus diesem kriminellen Dunkelbereich der Spekulationen gezogen werden müssen?
1. Fußballvereine innerhalb des DFB oder am besten in der UEFA, der Vereinigung europäischer Fußballvereine, sollte der Gang zur Börse und damit die Abhängigkeit von manipulierbaren Kursen untersagt werden. Der SV Werder verdient hier ein Lob. Auch in schwierigen finanziellen Phasen in den letzten Jahren ist bewusst auf den Börsengang verzichtet worden.
2. Nach den vielen negativen Erfahrungen mit diesen rein spekulativen Finanzprodukten, die weltweit die Finanzmärkte in den Beinahezusammenbruch gestürzt haben, muss der Gesetzgeber auf Bundes- und EU- Ebene reagieren. Der rein spekulativ ausgerichtete Handel mit Optionsscheinen schädigt die reale Produktionswirtschaft und erzeugt ein kriminelles Potenzial. Ein Verbot dieser Derivate ist unvermeidbar. Wenn etwa eine Kartoffelernte heute für den Herbst zu einem festen Preis verkauft wird, dann muss deren Produktion auch real nachweisbar sein. Das würde die Preise auf den Agrarmärkten, auf denen derzeit gesamte Ernten ohne reale Basis mehrfach spekulativ zum späteren Zeitpunkt verkauft worden sind, gegen Spekulationen schützen.
3. Auch dieser Börsengang zeigt, dass das Megaspektakel Fußball zu finanzieren, längst an Grenzen gestoßen ist. Eine Entkommerzialisierung, die auch Fußball wieder erlebbar macht, und der Stopp der preistreibenden Verwertungsmaschine Fernsehmedien sollte angestrebt werden. Durch die Entkommerzialisierung könnte wieder neues Vertrauen – auch bei den Fans – gefördert werden.