Ökologisches Preisdumping gegen EU-Stahlwerke
An allen relevanten Standorten in Deutschland haben sich Aktionsbündnisse mit Unternehmensvertretern, Betriebsräten zusammen mit der Industriegewerkschaft Metall und der Politik gebildet. Im Mittelpunkt steht der ärgerliche Widerspruch: Einerseits gelten die deutschen Stahlwerke technologisch und vor allem durch die seit Jahren betriebene Modernisierung auch ökologisch als die besten der Welt. Andererseits geraten sie wegen des Preisdumpings vor allem aus China und Russland in die Verlustzone. In China werden in der staatlich kontrollierten Stahlindustrie die Exportpreise unter die Herstellungskosten gegenüber den Stahlwettbewerbern in Deutschland herunter manipuliert. Instrumente sind unter anderem: Bevorzugte Kreditvergabe, steuerliche Vorteile, kostenlose/verbilligte Stromversorgung, Förderung einzelner Unternehmen, subventionierte Frachtraten, Hilfen bei der Erschließung der Rohstoffquellen. Dieser unfaire Wettbewerb, mit dem China seine Überkapazitäten zu Schleuderpreisen anbietet, muss gestoppt werden. Solange die Dumpingländer ihre Praxis nicht aufgeben, bleiben (leider) nur Strafzölle auf Stahlimporte. Immerhin können die Stahlbündnisse in den betroffenen Bundesländern erste Erfolge verbuchen. Die EU-Kommission diskutiert Importzölle auf hochwertigen, kaltgewalzten Flachstahl für China zwischen 13,8% bis 16% und für Russland in der Bandbreite 19,6% und 26,2%. Allerdings sind die geplanten Importzölle viel zu niedrig. Nach Angaben von BloombergBusiness Ende 2015 will Obama für chinesische Stahlimporte einen Strafzoll mit 256 % erheben.
Die Stahlwerke Deutschlands klagen jedoch nicht nur über den unfairen Handel mit Dumpingpreisen. Hinzu kommt der Protest gegen die durch die EU geplanten Zusatzmaßnahmen zur Reduktion des CO2Ausstoßes. Die Stahlindustrie soll künftig die Ökoabgabe auf ihren selbst erzeugten und eigens verbrauchten Strom abführen. Darüber hinaus ist ab 2021 vor allem eine preistreibende Verknappung der CO2–Zuteilung vorgesehen. Das heißt, Stahlwerke dürfen Kohlenstoffdioxid nur ausstoßen, wenn sie über die politisch verteuerten Zertifikate verfügen. Dies soll zur Verringerung der Schadstoffemissionen durch Umbaumaßnahmen zwingen. Die Folgen der geplanten Preiserhöhungen für das Recht, CO2 zu emittieren, liegen auf der Hand. Da die Stahlwerke auf dem heutigen technologischen Kenntnisstand kaum mehr in der Lage sind, CO2 weiter zu reduzieren, werden die höheren Preise voll auf die Kosten durchschlagen. Diese umweltpolitisch begründeten Kostenerhöhungen würde die Stahlwerke, gegenüber denen, die ohne diese Auflagen am Markt operieren, endgültig ins Aus drängen.
Gibt es einen Ausweg aus dem Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie? Wie verhält sich die Politik, die sich den Zielwerten des Pariser Klimagipfels – 40% weniger an CO2 Emission bis 2030 - verpflichtet hat?
Es gibt kurzfristig einen Ausweg. Vorab drei Merkposten:
(1) Stahl ist als Werkstoff der Zukunft ökologisch wertvoll, weil dieser komplett
recyclebar ist (Schrottstahl).
(2) In der Stahlindustrie werden in Zusammenarbeit mit den Kunden und Forschungseinrichtungen
pro Jahr mehr als 1 000 Patente angemeldet.
(3) In den letzten Jahrzehnten haben die integrierten Stahlwerke Deutschlands
massiv in die ökologische Modernisierung investiert (Reduktion des Wasserverbrauchs,
Energieeinsparung, Eigenerzeugung von Strom und Feinstaubverarbeitung).
Gemessen an diesen Standards entpuppen sich die chinesischen Stahlwerke eher als ökologische Dreckschleudern. Die Importpreise für chinesischen Stahl sind also auch wegen der Vermeidung von Herstellungskosten zur Senkung der Umweltbelastung viel zu niedrig. Das Ergebnis ist ein ökologisches Preisdumping durch Verzicht auf bzw. viel zu geringe Investitionen für die Umwelt. Wenn also heute die deutschen Stahlwerke mit unfairen Mitteln wegkonkurriert würden und China deren Produktion übernähme, würde weltweit die Klimakatastrophe angeheizt. Ökologie vor Ort verlangt globales Denken. Ein ökologischer Aufschlag bei der Bemessung der Strafzölle auf Stahlimporte aus Dumpingländern erhöhte diese Preise als Ausgleich für die Unterlassung der technologisch reduzierbaren Umweltbelastung. Die Strafzölle zum Ausgleich des Verzichts auf ausreichende Umweltinvestitionen müssten weit über den Teil für die klassischen Dumpingmethoden hinausgehen. So würden die Stahlwerke in der Welt, die den technologisch möglichen, höchsten Standard zur Emissionseinschränkung sichern, geschützt. Wenn die weit über 200% liegenden Strafzölle nicht durchsetzbar sein sollten, müsste die deutsche Stahlindustrie deutlich entlastet bzw. subventioniert werden.