Offshore Terminal Bremerhaven: Vom Winde verweht
Die Entscheidung für den OTB wurde mit einem verantwortungsvollen, ökologischen Deal begründet. Im Blexer Bogen in Bremerhaven wird nicht nur ein Hafen mit einer Schwerlastkaje für den Umschlag von schweren und sperrigen Komponenten für Offshore-Windanlagen gebaut. Direkt am Hafen siedeln im neu geschaffenen Gewerbegebiet auch Windanlagenbauer an. Den dadurch erzeugten ökologischen Belastungen durch die Vernichtung eines hochsensiblen geschützten Naturraums steht der riesige Zugewinn an Umweltqualität durch den Ausbau der Windenergie gegenüber. Allerdings ist diese verantwortbare Ökobilanz im Zuge sich dramatisch verändernder Marktbedingungen nicht mehr realistisch. Anfänglich noch überschaubare Risiken haben durch geänderte Rahmenbedingungen deutlich zugenommen. Das ist auch ein Grund für den Verzicht privater Investoren, der 2012 das Land Bremen gezwungen hat, die Investorenrolle zu übernehmen. Die offizielle Kosten-Nutzen-Analyse des Landes Bremens hält jedoch einer kritischen Überprüfung nicht stand. Die Marktveränderungen durch aggressive Konkurrenz anderer Standorte mit starken Unternehmen werden verdrängt.
Neben dem dänischen Esbjerg sowie Hull in England konkurriert künftig der Standort Le Havre in der Normandie. Vor allem die Entscheidung der SIEMENS AG, in Cuxhaven die Maschinenhäuser für die Windturbinengeneration D 7 zu bauen, belastet die Wirtschaftlichkeit des OTB massiv. Wie aus dieser Konkurrenz auch noch ein Vorteil für den OTB abgeleitet wird, das deutet eher auf eine „Jetzt erst recht“-Durchhalteappell. Darüber hinaus gibt es viele kleinere Verladehäfen für Offshore-Komponenten an der Nord- und Ostsee. Einer der expandierenden Häfen in Konkurrenz zum OTB ist Eemshaven am Dollart (niederländische Provinz Groningen) für den 2011 der recht erfolgreiche „Blue Orange Terminal“ mit ausreichendem Tiefgang für Einrichterschiffe geschaffen worden ist.
Risiken zeigen sich aber auch bei der bereits vorhandenen beiden Unternehmen im Blexer Bogen: Die Zukunft der ansässigen Unternehmen SENVION, mit dem Schwerpunkt auf Inland-Windenergieanlagen, sowie ADWENA im Mehrheitsbesitz der Verluste produzierenden AREVA in Frankreich ist unsicher.
Woher Jahr für Jahr bis 2050 unter diesem Konkurrenzdruck der anderen Standorte die Nachfrage zum Umschlag von mehr als 100 Windanlagen für den OTB pro Jahr –also in 30 Jahren 3000 – realisiert werden sollen, beantwortet der Senatsgutachter, die PROGNOS AG, mit zweifelhaften Annahmen.
Die Gesamtrisiken erklären, warum private Unternehmen als Betreiber des OTB nicht aktiv werden wollten. Das Land Bremen musste nach erfolgloser Suche nach privaten Investoren die Rolle des einzigen Investors übernehmen. Auch im Rahmen der Ausschreibung zur Suche eines Betreiberunternehmens fand sich außer der Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG) kein alternativer Anbieter. Sicherlich dominierten regionalökomische und politische Interessen die Übernahme der Betreiberrolle durch die BLG, in deren Aufsichtsrat auch staatliche Entscheider für den OTB vertreten sind.
Durch die öffentliche Finanzierung des OTB werden dessen Risiken in die öffentlichen Haushalte des Landes Bremen transportiert. Dabei muss für öffentliche Infrastrukturinvestitionen in Abwägung von Kosten und Nutzen die Wirtschaftlichkeit des OTB nachweisbar sein. Die geplanten 180 Mrd. € sollen mit 67,4 Mrd. € aus dem Sondervermögen Hafen durch Minderausgaben und Mehreinnahmen sowie den Wegfall von Investitionen finanziert werden. Der Ausgleich für die zu erwartenden Defizite von anderen Ressorts ist vorprogrammiert. Weitere 43,5 Mio. € sollen darüber hinaus aus anderen Ressorts im Rahmen ihres Investitionsbudgets finanziert werden. Wann wird endlich mitgeteilt, welche wichtigen öffentlichen Investitionen etwa bei Bildung oder Infrastrukturinvestitionen zugunsten des OTB gekürzt werden? Schließlich ist die geplante Abführung aus „zusätzlichen Erträgen“ der Bremer Landesbank und der Bremer Lagerhausgesellschaft mit jeweils 10 Mio. € pro Jahr ordnungspolitisch dubios. Die öffentliche Hafenfinanzierung hängt dadurch zum Teil von den auf den Märkten erzielten Ergebnissen ab. Und das können auch vom Markt her begründete Verluste sein. Fazit: Von einer weit über den Haushaltszeitraum von fünf Jahren hinausgehenden Belastung der öffentlichen Finanzen im Land Bremen muss ausgegangen werden.
Längst ist noch unter vorgehaltener Hand von den Befürwortern des OTB zu hören, sollte der OTB nicht die beschworenen, segensreichen Wirkungen auslösen, dann ließe sich die neu geschaffene Hafenfazilität wenigstens für den traditionellen Umschlag nutzen. Mit dieser betrügerischen Zweckentfremdung wäre der ökologische Deal endgültig aufgekündigt. Diese ökologisch schwer belastende und fiskalisch teure Megafehlinvestition ist rational nicht haltbar.