Soli für Solidarität mit Flüchtlingen
Sep 10, 2015
Ein Kommentar von Prof. Dr. Rudolf Hickel
Solizuschlag für Solidarität mit den Flüchtlingen
Der ansonsten für seine Knausrigkeit bekannte Bundesfinanzminister Schäuble verdient Anerkennung. Bei seiner Rede zur Einbringung des Bundeshaushalts 2016 hat er die Änderung der finanzpolitischen Agenda verkündet: Die Finanzierung der Unterbringung und Integration derjenigen, die nach Deutschland fliehen, hat „absolute Priorität.“ Diese über Nacht hereingebrochene, epochale Herausforderung verlangt eine solide Finanzierungsbasis. Im föderalen Finanzsystem gilt dies für die Länder und Kommunen ebenso wie für den Bund. Die notwendige Debatte hatte der Bremer Bürgermeister Carsten Sieling vor einigen Wochen eröffnet. Aus der Sicht Bremens musste er darauf hinweisen, dass sich die notwendigen Kosten für die Erstunterbringung und Integration der Flüchtlinge unter dem Sparzwang infolge der Schuldenbremse nicht finanzieren lassen. Der Pfad, auf dem die Nullverschuldung bis 2020 erreicht werden soll, ist trotz der jährlichen 300 Mio. € Sanierungshilfe vom Bund viel zu eng und birgt Risiken. Der Hinweis auf die Finanznot ist heftig kritisiert worden. Die Gralshüter der Schuldenbremse menetekelten einen drohenden Verfassungsbruch. Aber auch so mancher im Einsatz für Flüchtlinge Engagierter vermutete eine Instrumentalisierung der Not für finanzpolitische Spielchen. Endlich ist klar: Ohne ausreichendes Geld ist die neue Gemeinschaftsaufgabe nicht zu bewältigen. Der Bremer Senat hat für dieses Jahr wenigstens 45 Mio. €, die allerdings nicht ausreichen werden, in einen Nachtragshaushalt eingestellt. Der Senat beschließt die Summe, ohne zu wissen, wie diese Mehrausgaben finanziert werden können. Zu Recht wird auf eine Lösung dieser „Gemeinschaftsaufgabe“ vor allem durch den Bund gesetzt.
Der Bund sieht als ersten Schritt einen Nachtragshaushalt mit 1 Mrd. € für dieses Jahr und 6 Mrd. € für das kommende Jahr vor. Aus den 3 Mrd. € für den Bund sollen unter anderem zu erwartende Hartz IV-Mehrausgaben finanziert werden. Die anderen 3 Mrd. € fließen an die Länder und Kommunen. Für seinen Nachtragshaushalt stellen sich dem Bund derzeit keine Finanzierungsprobleme. Die Summen stehen wegen der sprudelnden Steuerquellen und niedrigen Zinsen für die Staatsschulden zur Verfügung. Deshalb kann Schäuble auch noch trickreich die „schwarze Null“ retten, also auf neue Schulden verzichten. Sicherlich reichen diese Mittel, von denen 30 Mio. € nach Bremen fließen sollen, bei weitem nicht aus. Endlich müssen die Finanzbedarfe auf der Basis der unterschiedlichen Aufgaben der Erstunterbringung und anschließenden Integration für den Bund, die Länder und die Kommunen geschätzt werden. Dieser Gemein-schaftsaufgabe widmet sich das Gipfeltreffen des Bundes, der Länder und Kommunen am 24. September 2015.
Auf Dauer wird die mit den Nachtragshaushalten des Bunds verhinderte Aufnahme neuer Schulden nicht zu realisieren sein. Länder und die Kommunen signalisieren massiv deutlich höhere Finanzbedarfe. Wie soll dies finanziert werden? Ein Finanzierungsinstrument wäre die Aufnahme neuer Kredite, die jedoch eine erneute Änderung der Verfassung erforderlich macht. Alternativ bleibt nur die Finanzierung der Ausgaben für Flüchtling über eine ordentliche Steuer. Hier bietet sich die Umwidmung des Solidaritätszuschlags an, der mit dem offiziellen Ende der Ostfinanzierung 2019 wegfällt. Eine Steuererhöhung lässt sich also vermeiden. Die Einnahmen aus der Sonderabgabe Solizuschlag fließen dem Bund zu. Dieser bringt die Finanzmittel, die sich 2015 auf über 15,6 Mrd. € belaufen und bis 2019 zunehmen werden, in die “Gemeinschaftsausgabe Solidarität mit Flüchtlingen“ ein. Die übergreifende, nicht vorhersehbare Herausforderung, die bundeseinheitlich geregelt werden muss, rechtfertigt verfassungsrechtlich den Einsatz des Solizuschlags nach Artikel 106 GG. Die derzeit kurierenden vielen Vorschläge einer künftig alternativen Nutzung der Solieinnahmen sollten zurückgenommen werden. Bremen verzichtet auf den ohnehin kaum durchsetzbaren Plan, mit dem Soli einen bundesweiten Fonds für die Über-nahme von Altschulden der finanziell notleidenden Länder zu sichern. Die CDU/CSU muss die Forderung nach einer schrittweisen Abschaffung des Solis aufgeben. Bis allerdings der Solizuschlag effektiv für die neue Herausforderung zur Verfügung steht, sollte bis 2019 eine Übergangsfinanzierung sichergestellt werden. Unter dem Ziel der gerechten Lastverteilung auf die Steuerzahler eignet sich der Solidaritätszuschlag. Der Abgabesatz von 5,5% wird auf die Steuerschulden aus Löhnen, anderen Einkommen sowie aus Gewinnen der Unternehmenskörperschaften draufgeschlagen. Je größer die Steuerschuld, umso höher der Solibeitrag! Zugleich werden die unteren Lohnbezieher von der Sonderabgabe freigestellt. Der in der Steuerlastverteilung gerechte Solizuschlag bietet sich für die Gemeinschaftsaufgabe Solidarität mit den Flüchtlingen an. Schnell sollte eine Gesetzesinitiative eingeleitet werden.
Der ansonsten für seine Knausrigkeit bekannte Bundesfinanzminister Schäuble verdient Anerkennung. Bei seiner Rede zur Einbringung des Bundeshaushalts 2016 hat er die Änderung der finanzpolitischen Agenda verkündet: Die Finanzierung der Unterbringung und Integration derjenigen, die nach Deutschland fliehen, hat „absolute Priorität.“ Diese über Nacht hereingebrochene, epochale Herausforderung verlangt eine solide Finanzierungsbasis. Im föderalen Finanzsystem gilt dies für die Länder und Kommunen ebenso wie für den Bund. Die notwendige Debatte hatte der Bremer Bürgermeister Carsten Sieling vor einigen Wochen eröffnet. Aus der Sicht Bremens musste er darauf hinweisen, dass sich die notwendigen Kosten für die Erstunterbringung und Integration der Flüchtlinge unter dem Sparzwang infolge der Schuldenbremse nicht finanzieren lassen. Der Pfad, auf dem die Nullverschuldung bis 2020 erreicht werden soll, ist trotz der jährlichen 300 Mio. € Sanierungshilfe vom Bund viel zu eng und birgt Risiken. Der Hinweis auf die Finanznot ist heftig kritisiert worden. Die Gralshüter der Schuldenbremse menetekelten einen drohenden Verfassungsbruch. Aber auch so mancher im Einsatz für Flüchtlinge Engagierter vermutete eine Instrumentalisierung der Not für finanzpolitische Spielchen. Endlich ist klar: Ohne ausreichendes Geld ist die neue Gemeinschaftsaufgabe nicht zu bewältigen. Der Bremer Senat hat für dieses Jahr wenigstens 45 Mio. €, die allerdings nicht ausreichen werden, in einen Nachtragshaushalt eingestellt. Der Senat beschließt die Summe, ohne zu wissen, wie diese Mehrausgaben finanziert werden können. Zu Recht wird auf eine Lösung dieser „Gemeinschaftsaufgabe“ vor allem durch den Bund gesetzt.
Der Bund sieht als ersten Schritt einen Nachtragshaushalt mit 1 Mrd. € für dieses Jahr und 6 Mrd. € für das kommende Jahr vor. Aus den 3 Mrd. € für den Bund sollen unter anderem zu erwartende Hartz IV-Mehrausgaben finanziert werden. Die anderen 3 Mrd. € fließen an die Länder und Kommunen. Für seinen Nachtragshaushalt stellen sich dem Bund derzeit keine Finanzierungsprobleme. Die Summen stehen wegen der sprudelnden Steuerquellen und niedrigen Zinsen für die Staatsschulden zur Verfügung. Deshalb kann Schäuble auch noch trickreich die „schwarze Null“ retten, also auf neue Schulden verzichten. Sicherlich reichen diese Mittel, von denen 30 Mio. € nach Bremen fließen sollen, bei weitem nicht aus. Endlich müssen die Finanzbedarfe auf der Basis der unterschiedlichen Aufgaben der Erstunterbringung und anschließenden Integration für den Bund, die Länder und die Kommunen geschätzt werden. Dieser Gemein-schaftsaufgabe widmet sich das Gipfeltreffen des Bundes, der Länder und Kommunen am 24. September 2015.
Auf Dauer wird die mit den Nachtragshaushalten des Bunds verhinderte Aufnahme neuer Schulden nicht zu realisieren sein. Länder und die Kommunen signalisieren massiv deutlich höhere Finanzbedarfe. Wie soll dies finanziert werden? Ein Finanzierungsinstrument wäre die Aufnahme neuer Kredite, die jedoch eine erneute Änderung der Verfassung erforderlich macht. Alternativ bleibt nur die Finanzierung der Ausgaben für Flüchtling über eine ordentliche Steuer. Hier bietet sich die Umwidmung des Solidaritätszuschlags an, der mit dem offiziellen Ende der Ostfinanzierung 2019 wegfällt. Eine Steuererhöhung lässt sich also vermeiden. Die Einnahmen aus der Sonderabgabe Solizuschlag fließen dem Bund zu. Dieser bringt die Finanzmittel, die sich 2015 auf über 15,6 Mrd. € belaufen und bis 2019 zunehmen werden, in die “Gemeinschaftsausgabe Solidarität mit Flüchtlingen“ ein. Die übergreifende, nicht vorhersehbare Herausforderung, die bundeseinheitlich geregelt werden muss, rechtfertigt verfassungsrechtlich den Einsatz des Solizuschlags nach Artikel 106 GG. Die derzeit kurierenden vielen Vorschläge einer künftig alternativen Nutzung der Solieinnahmen sollten zurückgenommen werden. Bremen verzichtet auf den ohnehin kaum durchsetzbaren Plan, mit dem Soli einen bundesweiten Fonds für die Über-nahme von Altschulden der finanziell notleidenden Länder zu sichern. Die CDU/CSU muss die Forderung nach einer schrittweisen Abschaffung des Solis aufgeben. Bis allerdings der Solizuschlag effektiv für die neue Herausforderung zur Verfügung steht, sollte bis 2019 eine Übergangsfinanzierung sichergestellt werden. Unter dem Ziel der gerechten Lastverteilung auf die Steuerzahler eignet sich der Solidaritätszuschlag. Der Abgabesatz von 5,5% wird auf die Steuerschulden aus Löhnen, anderen Einkommen sowie aus Gewinnen der Unternehmenskörperschaften draufgeschlagen. Je größer die Steuerschuld, umso höher der Solibeitrag! Zugleich werden die unteren Lohnbezieher von der Sonderabgabe freigestellt. Der in der Steuerlastverteilung gerechte Solizuschlag bietet sich für die Gemeinschaftsaufgabe Solidarität mit den Flüchtlingen an. Schnell sollte eine Gesetzesinitiative eingeleitet werden.
Last modified: Dec 16, 2018