Offshore Terminal Bremenhaven auf dem Prüfstand
Die Entscheidung für den OTB sollte wegen veränderter Rahmenbedingungen vor dem Planfeststellungsbeschluss nochmals bewertet werden!
OTB: 180 Mio. € Kosten (Berechnung von 2010); finanziert als öffentliches Hafenmodell ohne private Investoren; nach Prognos AG im best case bis 2029 mit 14.000 Arbeitsplätzen und im base case bis 2047/48 mit 7.000 Arbeitsplätzen rentabel. Im Blexer Bogen: Gesamtfläche 25 ha; Kajenlänge 1.132 m; 2 bis 3 Schiffsliegeplätze; Sollwassertiefe -14,10 m NN (tideunabhängig); zwei Jack-up-Flächen; keine Schleusenbeschränkung; Schwerlastplatte 500 m lang und 35 m tief mit 10to/m2; Leistungsfähigkeit 160 Anlagen p.a.; Hafenumschlag: Gründungsstrukturen, Türme, Rotorblätter, Umspannstationen. Nach dem erfolglosen Bieterverfahren zur Realisierung des OTB ist entschieden worden: Errichtung des Terminals durch das Land Bremen und Betrieb durch private Betreiber als öffentliches Hafenmodell.
1. Erforderlich ist eine aktuell realistische Bewertung des zukünftigen Marktpotenzials der Offshore Windenenergie in der Nord- und Ostsee mit Spezifizierung für den OTB. Entgegen der bisherigen, grundsätzlich nicht an neue Realitäten angepassten Begründung des OTB haben sich grundlegende Rahmenbedingungen vor allem durch das „Erneuerbare- Energien-Gesetz“ (EEG vom 21.7.2014) geändert:
+ Die EEG Deckelung des Ausbaus von Offshore-Windanlagen bis 2020 von
16 GW auf 6,5 GW und bis 2030 auf 15 GW (3.000 Windräder).
Der Bremer Senat setzt darauf, dass der Ausbau der Offshore-Windenergie in Deutschland
trotz zuletzt schwieriger rechtlicher Rahmenbedingungen wegen zu erwartender Nachfrage
etwa
aus Großbritannien voranschreitet.
+ Schreiben des Bundesamtes für Seeschifffahrt
für Hydrografie (März
2015): Keine Genehmigung mehr für küstenferne Windenergieparks. Betroffen sind
ca. 40 geplante Parks 100 km vor der Küste (Zone 3/4/5)
+ Geplante Senkung der
Vergütungen beispielsweise im Stauchungsmodell
von 19,4 Cent je kWh in 2018 um 1 Cent.
2. Die politisch propagierte Angabe zu den Kosten des OTB-Baus mit 180 Mio. € stammt im Prinzip aus dem Jahr 2010. Zwischenzeitlich haben sich die Kalkulationsbedingungen vielfach verändert. Mittlerweile gibt es Hinweise auf deutlich gestiegene Kosten für das Gesamtprojekt. Bei der Finanzierung des OTB stellt sich auch die Frage, warum private Investoren nicht an dem als dauerhaft rentabel dargestellten OTB beteiligt werden konnten.
3. Die Ankündigung eines Clusters der Offshore-Windenergie mit Zulieferunternehmen auch aus dem Bereich der Dienstleistungen sowie mit Forschungseinrichtungen wird nicht mit Beispielen belegt. Es gibt auch keinen fundierten Hinweis auf erwartete, unternehmerische Neuansiedlungen zur Bildung des OTB-Clusters.
4. Die Aussagen zur betrieblichen und regionalökonomischen Rentabilität müssen aktualisiert werden. Dies gilt auch für die Aussagen zur fiskalischen Rentabilität.
Gegenüber der Finanzierung der geplanten 180 Mrd. € vor allem aus Einsparungen bei anderen Projekten und aus dem Sondervermögen Hafen sowie aus zusätzlichen Anteilen an den Erträgen über bremische Beteiligungen (Bremer Landesbank sowie BLG, GEWOBA ausgeschlossen) sollten die erwarteten Rückflüsse aus künftigen, durch das OTB-Projekt induzierten, direkten und indirekten öffentlichen Einnahmen nachvollziehbar spezifiziert werden (Haushaltstransparenz). Die Erklärung, die fiskalische Rentabilität sei bei optimistischer Sicht (Best-Case-Szenario) im Jahr 2029 und im Normalfall (Base-Case-Szenario) im Jahr 2047/ 2048 zu erwarten, muss aktuell überprüft werden.
5. Die fundierte Kritik des Rechnungshofs im Jahresbericht 2013 hat
im
politischen Entscheidungsprozess zu keinerlei Korrekturen der Kosten-Nutzenanalyse
für den OTB geführt. Das zeigt sich an der Hoffnung des
Senats, 50 Mio. € aus zusätzlichen Erträgen bremischer Beteiligungen in den
Jahren 2014 bis 2018 zu erzielen. Schließlich ist die von den Märkten
abhängige Ertragslage dieser Unternehmen unsicher. So sind die Bremer
Landesbank nicht und die BLG kaum in der Lage, den kalkulierten
Finanzbeitrag zu leisten.
Fazit: „Der Bau des OTB wird den
bremischen Haushalt nicht lediglich fünf
Jahre, sondern längerfristig belasten.“ (Rechnungshofbericht 2013, S. 78).
Viele Risiken legen die Vermutung nahe, dass eine öffentliche Kreditfinanzierung nicht
zu vermeiden sein wird. Diese muss dann durch
Wirtschaftlichkeitsrechnungen begründet werden.
6. Berücksichtigt werden muss ein B-Plan: Wie soll der Terminal alternativ genutzt werden, falls sich dieser Umschlag mangels Nachfrage im Bereich der Offshore-Windenergie nicht rechnet? Die Verlagerung des Umschlags anderer Schwergüter wäre möglich. Ist eine alternative Nutzung (als CT 5) politisch bereits geplant? Sollte Umschlag von Offshore-Windenergieanlagen nicht im Mittelpunkt stehen, so ist bei normaler Nutzung ein Verdrängungswettbewerb mit anderen Hafenanlagen in Bremerhaven zu erwarten.
7. Gegen die propagierte Alternativlosigkeit zum OTB muss die politische
Diskussion auf eine Stärkung Bremerhavens im Bereich der Offshore-Windenergieanlagen
- ohne OTB - regionalpolitisch konzentriert werden.
Dabei sind die derzeitigen Hafenanlagen zu berücksichtigen:
+ Schwerlastumschlag-Anlage im Labradorhafen (Engpass Schleuse)
+ Offshore Terminal ABC-Halbinsel mit Lagerflächen und Umschlag (Gründungsstrukturen
und Großkomponenten)
+ Container Terminal 1 Basishafen für Offshore (auch Onshore-Anlagen).