Profifußball und öffentlich geförderter Kredit – Geht das?
Staatlich geförderte Kredite auch für Profifußball
Kaum war die Infektion der Werderkasse durch die Corona-Pandemie erkennbar, hat die Geschäftsführung schnell gehandelt: Die Aufnahme eines durch die „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ (KFW) geförderten Kredits wurde transparent kommuniziert. Jetzt gibt es deutliche Kritik an diesem staatlich geförderten Überbrückungskredit. Mein Kollege Wolfgang Männing, Finanzwissenschaftler und Sportökonom, kritisiert diese staatliche Hilfe für einen Profi-Fußballverein. Hier spricht hörbar ein erfolgreicher, aber salaireloser Amateursportler, der beim Olympiasieg 1988 in Seoul mit der Ruder-Achtermannschaft die Goldmedaille gewonnen hat. Seine Kritik an dem staatlich geförderten Überbrückungskredit löst Widerspruch aus. Sicherlich hat er Recht mit seinem Hinweis vor allem an der durch die TV-Rechte irrational angetriebenen Geldvermehrungsmaschine für Spielergehälter jenseits der Leistung vieler Spieler. Aber dieses Problem war schon lange vor der Corona-Krise bekannt. Jetzt geht es erst einmal darum, den fiskalischen Absturz infolge der Pandemie zu verhindern.
An den Finanzwissenschaftler Männing geht mein Appell, die Rechtfertigung öffentlicher Hilfen gegen die Corona-Folgen auch für einen mittelständischen Profifußball-Verein nachzuarbeiten. Die Forderung nach einem Überbrückungskredit zusammen mit mittlerweile 16 Vereinen durch den SV Werder passt jedenfalls in die Logik des gegen die Corona-Folgen gerichteten Maßnahmepaketes im „Stabilitätsprogramm 2020“ mit dem Schwerpunkt „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“.
Die SVW-Geschäftsführung orientiert sich zu Recht an den drei Eckpunkten:
1. Die Corona-Krise hat dem SV-Werder ohne eigenes Verschulden Erlöseinbußen
von 30 Mio. € für die Spielsaison 2019/20 und 2020/21 beschert.
Allein der Verlust durch die Fernseh-Übertragungsrechte liegt bei 10 Mio. €. Übrigens
gehen Einnahmeausfälle auch auf Sponsoren zurück, die ebenfalls unverschuldet derzeit
Zahlungsprobleme haben. Das ist bitter, denn die erfolgreiche Arbeit des SVW an der
finanziellen Stabilität, die 2018/19 den gigantischen Umsatz von 151,1 Mio. € und
einen Gewinn mit 3,5 Mio. € einspielte, wurde ohne eigenes Verschulden infiziert.
2. Bei der öffentlichen Unterstützung geht es nicht um einen Zuschuss ohne Rückzahlungspflicht. Im Zentrum steht ein öffentlich gesicherter Kredit für das mittelständische Unternehmen am Weserbogen. Der beantragte Kredit, der unter dem 30 Mio. €-Verlust liegt, wird nach tilgungsfreien Jahren in den nachfolgenden Jahren zurückbezahlt werden. Der Staat übernimmt lediglich 80% des Kreditrisikos zugunsten der drei Konsortialbanken aus der Region. Da der SVW die Finanzkrise überstehen wird, kostet das den Staat nichts. Die staatliche Risikoübernahme sowie der angemessene Zinssatz, den Werder bezahlt, ist für die Banken ein gutes Geschäft.
3. Schließlich leistet der SV-Werder auch einen beachtlichen Eigenbeitrag. Dazu gehört die Senkung von Verwaltungs- und Personalkosten sowie der Kadergelder. Was Wolfgang Männing bei seiner Forderung der Kürzung von Spielergehältern übersieht: Die Bereitschaft zur Reduktion der Spielerentlohnung liegt in der individuellen Verantwortung der Betroffenen, nicht bei der Geschäftsführung.
Der berechtigte Überbrückungskredit mit staatlicher Förderung muss kommen. Denn bei Verweigerung könnte dem mittelständischen Unternehmen SVW die Pleite drohen. Die Kosten der Schließung des Profifußballs an der Weser sind gegenüber der preiswerten Kredithilfe gigantisch. Schließlich geht die durch 180 Mitarbeiter beim SVW erzeugte Wertschöpfung und der Imagevorteil für den Stadtstaat weit über den Verein hinaus. Allerdings muss, um endlich die zerstörerisch wirkende Profitmaschine des Gesamtsystems Profifußball national wie international auszubremsen, erst einmal die Existenz der betroffenen Vereine gerettet werden.