Lufthansa-Deal: Ideenlose Unternehmensrettung
Das Programm zur Rettung der Lufthansa durch den Staat (über den „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“) konnte nach längerem Streit festgezurrt werden. Die staatliche Hilfe ist angesichts der Tatsache, dass die Lufthansa unverschuldet in die Krise gerissen wurde und logistisch-systemisch wichtig ist, im Kern richtig. Allerdings haben sich die Kräfte, die die Verbindung der staatlichen Hilfen mit dem Ausbau staatlicher Teilhabe an der künftigen Geschäftsstrategie ablehnen, durchgesetzt.
Was wurde beschlossen?
1. Von den stillen Einlagen werden 4,7 Mrd. € kapitalwirksam.
2. Der Rest an stillen Einlagen mit 1 Mrd. € dient einer Wandelanleihe, die
im Falle einer drohenden feindlichen Übernahme zusätzlich in 5 % Aktien + 1 Aktie
umgewandelt wird.
3. Neben dem Kauf von 20 % der Aktien im Rahmen der Kapitalerhöhung zum Preis
von 2,56 € pro Aktie würden durch die Umwandlung der Wandelanleihe 25 % + 1 Aktie
und damit die Sperrminorität erreicht. Diese Option soll nur bei einer drohenden Übernahme
der Lufthansa aus dem Ausland gezogen werden.
4. Dazu kommt noch ein Kredit bei der KfW mit 3 Mrd. €.
5. Die Aktien sollen wieder bis 31.12. 2023 verkauft werden. Da der Einkaufspreis
bei 2,56 € liegt, wird wegen höherer Marktkurse (heute bei 9,60 €) mit einem Gewinn
gerechnet. Für den Aktienkauf gibt es eine Provision von 12 %.
6. Die stille Einlage wird jährlich bis 2021 mit 4 % und bis 2027 mit 9,5 %
verzinst.
Die Kritik:
1. Die Staatsbeteiligung bleibt, wenn keine feindliche Übernahme droht, unter
der Sperrminorität von 25% + 1 Aktie.
Der Staat übernimmt nur die Rolle des fiskalischen Retters. Die zwei AR-Mandate
für den Staat reichen zum stimmentscheidenden Einfluss auf die künftige Geschäftsstrategie
nicht aus.
2. Die Einbringung strategischer Ziele gerade auch für die Umwelt sind nicht
vorgesehen (Rettung bei Air France mit der Auflage, Reduktion der Binnenflüge und
damit bis zu 50 % weniger CO2 durch den Flugverkehr).
3. Der Verzicht auf Dividendenzahlung ist selbstverständlich (schon 2018 keine
Dividende bezahlt). Die bisherigen Aktionäre verlieren durch die Kapitalerhöhung (Verwässerung).
4. Inwieweit der verlangte Stopp von Bonizahlungen an Vorstände erfolgt, ist
nicht sicher. (Christian Spohr 2019: Festbetrag 1,634 Mio. €; Gesamtbetrag 3,925 Mio.
€).
5. Es gibt derzeit keinerlei Absprachen zur Sicherung der Arbeitsplätze für
die über 137 000 Mitarbeiter.
6. Derzeit ist nicht erkennbar, ob der Lufthansa zweifelhafte Geschäfte über
Steueroasen künftig untersagt werden. Dazu stellt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis
90/Die Grünen im Europäischen Parlament am 26.5.2020 fest:
„Das Lufthansa-Paket ist eine verpasste Chance im Kampf gegen Steuerdumping. Die Bundesregierung verschließt die Augen vor dem Steuerdumping des Unternehmens. Die Lufthansa hat kein vollständiges Bild über ihre Steuerpraktiken geliefert. Weil die wichtigsten Steueroasen gar nicht als solche klassifiziert werden, war die Liste der Lufthansa unzureichend. Die Bundesregierung hätte Steuertransparenz pro Geschäftsland von der Lufthansa einfordern müssen. Das öffentliche “Country-By-Country Reporting” ist dringend nötig, um Steuerdumping einzudämmen. Der Staat muss mehr Einsatz für das Gemeinwohl zeigen, wenn er Steuergelder an Unternehmen vergibt.”
Fazit: Im Normalfall handelt es sich nur um ein reines staatliches Hilfsprogramm mit über 9 Mrd. €. Die Durchsetzung eines zukunftsfähigen Geschäftsmodells ist nicht gewollt. Für die Beschäftigten gibt es keine klare Perspektive. Es bleibt strategisch bei einem Weiter so mit staatlicher Finanzunterstützung.
Allerdings muss jetzt verhindert werden, dass die EU nur die Genehmigung bei einer Streichung von 20 Flugzeugen in Frankfurt a. M. und München erteilen will. Damit würden wertvolle Slots für Starts und Landungen der Lufthansa weggenommen. Der Hinweis, im Sinne der Konkurrenz sollten jetzt die Billigflieger (explizit genannt Ryanair) profitieren, ist arbeitsrechtlich und ökologisch ein Skandal.