Hochrisikospiele: Finanzierung durch die DFL – nicht SV Werder
Kosten für Hochrisikospiele: Werder verdient uneingeschränkte Unterstützung für die Klage gegen die DFL
Alles schien gut zu laufen. Die ersten vier Gebührenbescheide über zusätzliche Kosten der Polizeieinsätze über 1,16 Mio. € hat die Deutsche Fußball Liga GmbH bezahlt. Allerdings geschah dies nicht aus der Verantwortung für das Bundesliga-System. Notwendig waren zuvor die Urteile des Bremer Oberverwaltungsgerichts sowie letztinstanzlich des Bundesverwaltungsgerichts. Wer dachte, mit der Bezahlung der Rechnung sei alles klar, sieht sich getäuscht. Der einem Konzern vergleichbare DFL will die Gebühr zu den Gesamtkosten von mittlerweile 2,3 Mio. € komplett auf den SVW abwälzen. Der Antrag durch das DFL-Präsidium liegt der Mitgliederversammlung, die am 3. 12. dieses Jahres tagt, vor. Auch aus dem Interesse der Vereine, Gewaltexzesse in den Stadien für das Gesamtsystem Bundesliga zu vermeiden, ist die vorab erfolgte Probeabstimmung, bei der 35 Vereine – gegen die eine Stimme SVW – der DFL folgen, unverständlich.
Mit wenigen Worten zusammengefasst, diese Komplettbelastung des SVW steht eindeutig im Widerspruch zur Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts. Der auf maximale Einnahmeüberschüsse konzentrierte Dachverband nutzt dagegen alle Mittel, um die durch das System Fußball-Bundesliga derzeit trotz bester Präventionsarbeit nicht vermeidbaren Risikokosten in der Gewinn- und Verlustrechnung zu vermeiden. Am liebsten würden die Chefs des Unternehmens Bundesliga die zusätzlichen Kosten, die über den Normaleinsatz in- und außerhalb der Stadien erforderlich sind, als allgemein-hoheitliche Aufgabe weiterhin auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abwälzen. Dem Land Bremen ist zu danken, diese Inanspruchnahme des Steuerstaats ist rechtswidrig.
Nochmals in das Stammbuch des DFL geschrieben: Bereits bei der Anhörung der Bremischen Bürgerschaft im Oktober 2014 ist auch aus der Sicht der Finanzwissenschaft klargestellt worden: Die Polizei erbringt abgegrenzt von der allgemeinen Gefahrenabwehr eine besondere Leistung (etwa gegenüber dem üblichen Einsatz von 150 Polizisten mit 969 Beamten beim HSV-Spiel im April 2015 und damit Zusatzkosten von 425 000 €). Das Bundesverwaltungsgericht urteilt: Die Gebühr entsteht dem DFL nicht als Sonderlast. Vielmehr geht es um den „Sondervorteil“. Hochrisikospiele können aktuell nur mit höherem Sicherheitsaufwand durchgeführt werden. Diese Sicherheitsgarantie ist Voraussetzung für den Spielbetrieb des Gesamtsystems Bundesliga. Die finanzielle Verantwortung liegt also nicht bei den einzelnen, unmittelbar betroffenen Vereinen, sondern bei dem Dachverband. Alle wissen, in einigen Stadien vor allem innerhalb der Innenstadt – siehe Bremen – sind Schlachten aggressiver Personengruppen derzeit mit der besten Präventionsarbeit gegen Gewalt nicht vermeidbar. Oder sollen künftig Hochrisikospiele nur noch in der massiv abgeschotteten ALLIANZ-Arena in München stattfinden?
Könnte der zusätzliche Polizeischutz mangels Finanzierung durch die betroffenen Vereine nicht gewährleistet werden, dann wären Gewaltexzesse an der Tagesordnung. Zuschauer würden ihre Teilnahme wegen des Gewaltspektakels verweigern. Das gesamte Bundesligasystem wäre gefährdet. Bleiben die Risikokosten bei den einzelnen Vereinen, dann entsteht vor Ort ein Anreiz, auf die zusätzliche Sicherung mit fatalen Folgen für die Gesamtveranstaltung Bundesliga zu verzichten.
Die SVW-Verantwortlichen sind derzeit hektisch dabei, wegen der absehbaren Gefolgschaft der anderen Vereine im Sinne des Präsidiums den Konflikt zu entschärfen. Klaus Filbry hat mit dem berechtigten Verweis auf das „Verursacherprinzip“ den Kompromiss vorgeschlagen: Jeweils ein Drittel der Zusatzkosten für die Sicherung von Hochrisikospielen übernehmen der ausführende Verein, der Gastverein und der DFL. Abgesehen davon, dass die DFL-Mitgliederversammlung auch diesem Kompromiss nicht zustimmen wird, dieser Filbry-Vorschlag unterschätzt die Gesamtverantwortung des Dachverbands für das Spielsystem. Die Finanzierung dieser Systemaufgabe an einzelne Vereine abzuwälzen, steht im Widerspruch zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Auch sind die Vorschläge, die dem SVW vorgelegte Rechnung nicht zu bezahlen und auf die Klage durch den DLF zu warten, viel zu defensiv. Zahlt der SVW seine Rechnung aus Protest nicht, dann wirkt das unseriös und am Ende imageschädigend. So wie es der SVW-Präsident Hubertus Hess-Grunewald auf der jüngsten Mitgliederversammlung angekündigt hat, sollte der SVW gegen die vorliegende Rechnung erhobenen Hauptes klagen. Der SV Werder verdient zusammen mit der Politik auf der Basis der Gerichtsurteile die uneingeschränkte Unterstützung für seine Klage.
__________________________
Rudolf Hickel, Thesen zur Begründung der gebührenfinanzierten Kosten für Polizeieinsätze bei Großveranstaltungen mit besonderem Risiko; Beitrag zur Anhörung durch den Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft Bremen zum „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bremischen Gebühren und Beitragsgesetzes“ am 17.10.2014 in der Bremischen Bürgerschaft