Ökonomie-Nobelpreis 2018 für aktive Klima- und Wissenspolitik
In diesem Jahr hat das Komitee zur Vergabe des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften positiv überrascht. Geehrt werden zwei Pioniere einer Wirtschaftswissenschaft, die sich nicht rechthaberisch auf Modelle jenseits der Wirklichkeit zurückziehen, sondern fundamentale Erkenntnisse zu Fragen der Klimakatastrophe und zum technisch-gesellschaftlichen Fortschritt entwickelt haben.
William Dawbney „Bill“ Nordhaus (geb. 1941) ist jedem Studierenden der Volkswirtschaftslehre bekannt, der mit dem wohl besten Lehrbuch „Economics“ des Meisters Paul A. Samuelson gearbeitet hat. Nordhaus war es, der in den zum Megawälzer erweiterten Standardwerk früh das Thema Wirtschaftswissenschaft und Ökologie eingefügt hat. Den Nobelpreis erhält er vor allem für sein bereits 1979 vorgelegtes Modell zur Integration des Klimawandels in die Theorie wirtschaftlicher Entwicklung. Dieses Modell wurde über die Jahre zum dynamischen, integrierten Klima-Ökonomie-Modell weiterentwickelt. Mit seinem Modell für die US-Umweltbehörde wurden die sozialen Kohlestoffkosten als Basis des Preises, der für eine Tonne CO2 zu zahlen ist, für die USA berechnet. Damit ist der Erfinder einer durchgerechneten CO2-Steuer. Das auf dem Pariser Klimagipfel Ende 2016 beschlossene Zwei-Grad-Ziel zur Beschränkung der Erderwärmung findet sich bereits in einem Aufsatz von Nordhaus aus dem Jahr 1977. Auf einer Zeitachse bis 2080 zeichnete er damals in die Grafik das Zwei-Grad-Ziel als Parallele gegenüber dem faktischen rasanten Anstieg der Temperaturkurve über die Zeitachse ein. Für Aufregung sorgte Nordhaus jüngst mit seiner ehrlichen These, das in Paris beschlossene Zwei-Grad-Ziel sei bei Einsatz der besten Techniken auch wegen der Trägheit des Klimasystems nicht erfolgreich beim Stoppen der Klimakatastrophe. Nordhaus stärkt mit seiner geehrten Forschungsarbeit die Kräfte in den USA, die gegen die Leugnung der Klimakatastrophe durch Trump kämpfen. Für die ökonomische Theorie und die Politik ist die Wahl von Nordhaus eine großartige Entscheidung.
Paul Michael Romer, der deutlich jüngere (geb. 1955) Starkökonom aus den USA hat den Zusammenhang zwischen technischem Fortschritt und Wirtschaftswachstum untersucht. Er bricht mit der Jahrzehnte vorherrschenden These, der technische Fortschritt käme von außen, sei also für das Wirtschaftswachstum eine exogene Größe. Romer zeigt, wie der technische Fortschritt endogen als „gewolltes Handeln“ innerhalb des Wirtschaftens erzeugt wird. Er gilt als der Pionier der endogenen Wachstumstheorie. Der technische Fortschritt, der auf der Ökonomie der Ideen basiert, ist dabei die Triebkraft. Während ein Essen als rivalisierendes Gut andere an der Nutzung ausschließt, betont Romer bei Ideen die Nicht-Rivalität. So kann eine Entdeckung von beliebig vielen gleichzeitig benutzt werden. Selbst bei Patenten, die andere von der Nutzung ausschließen, kommt es zu positiv externalisierten Effekten. Die Chancen für eine Vernetzung von Unternehmen – etwa in regionalen Clustern – lassen sich daraus ableiten. Gedanken dieser regionalökonomischen Theorie hatten durchaus Einfluss auf die regionale Wirtschaftsstrukturpolitik im Land Bremen. Wie sich beispielsweise am Technologiepark zeigt, sind die Ideen der Vernetzung und vor allem der Schaffung eines „innovativen Milieus“ um die Universität Belege für Romers Einfluss. Sein Konzept der Charter Cities, nach dem in einem armen und strukturschwachen Land eine ausländische Regierung eingesetzt werden soll, hat sich allerdings als wenig sinnvoll erwiesen. Romers Zusammenfassung „Kanada entwickelt Hongkong unter britischer Vorherrschaft“ ist als neoimperialistische Idee kritisiert worden und hat sich historisch längst erledigt.
Nach diesen Ökonomie-Nobelpreisen in diesem Jahr bleibt der Wunsch, dass die Erkenntnisse der beiden Pioniere der Makroökonomik vor allem in der Lehre an die Studierenden auch in Bremen weitergegeben werden.